Auszeichnung für bidirektionales Laden von E-Autos

Erste bidirektionale Ladestationen im Carsharing-Einsatz von fahrvergnügen.at mit dem „Österreichischen Solarpreis“ ausgezeichnet: Die Pilotanwendung an zwei Standorten in Niederösterreich ist Teil des Forschungsprojekts „Car2Flex“ aus dem Green Energy Lab.

(von rechts) Matthias Zawichowski, fahrvergnügen.at; Martin Schuster, NÖ Bau- und Siedlungsgenossenschaft; Florian Fattinger, im-plan-tat Raumplanungs GmbH & CoKG; Wolfgang Hein und Karl Trettler, Eurosolar Austria, bei der Verleihung des Österreichischen Solarpreises. © Eurosolar Austria

(von rechts) Matthias Zawichowski, fahrvergnügen.at; Martin Schuster, NÖ Bau- und Siedlungsgenossenschaft; Florian Fattinger, im-plan-tat Raumplanungs GmbH & CoKG; Wolfgang Hein und Karl Trettler, Eurosolar Austria, bei der Verleihung des Österreichischen Solarpreises. © Eurosolar Austria

Wien, 09.10.2024 – Im Rahmen des Forschungsprojekts „Car2Flex“ wurde eine österreichweite Pilotanwendung für den bidirektionalen Betrieb von Elektrofahrzeugen in Verbindung mit Carsharing realisiert. Bidirektional – das bedeutet, dass die Fahrzeugbatterie nicht nur mit Strom geladen wird, sondern diesen bei Bedarf auch wieder ans Netz abgeben kann. Die Anwendung wurde am 5. Oktober 2024 durch die Verleihung des Österreichischen Solarpreis in der Kategorie Transportsysteme mit Erneuerbaren Energien gewürdigt.

„Wir gratulieren allen Partnern des Projekts ‚Car2Flex‘ zur verdienten Auszeichnung. Durch bidirektionales Laden können Elektroautos als Pufferspeicher genutzt werden. Dies kann den weiteren Ausbau erneuerbarer Energieproduktion ermöglichen, die Integration von Elektromobilität ins Energiesystem unterstützen und zugleich das Stromnetz stabilisieren“, sagt Andrea Edelmann, Obfrau der Forschungsinitiative Green Energy Lab.

Der Mobilitätsverein fahrvergnügen.at kombiniert sein Carsharing-Angebot mit einer Anwendung als Stromspeicher für Mehrparteienwohnhäuser. Konkret stehen den Mitgliedern E-Autos mit einer 40 kWh–Batterie zur Verfügung. Die Reservierung der Fahrzeuge erfolgt über eine Buchungsplattform. Werden die Autos nicht genutzt, parken sie vor einer Wohnhausanlage der NÖ Bau- und Siedlungsgenossenschaft in Stockerau bzw. des Niederösterreichischen Siedlungswerks in Absdorf. Dort sind die Fahrzeuge mit einer eigens entwickelten, bidirektionalen Ladesäule verbunden.

Tagsüber werden die Elektroautos mithilfe der hauseigenen Photovoltaik-Anlage auf dem Dach der Wohnhäuser geladen. In Abhängigkeit der Buchungslage steht die Fahrzeugbatterie aber auch als „mobiler Speicher“ für die Stromversorgung der Wohnhausanlage zur Verfügung, beispielsweise für die Beleuchtung des Stiegenhauses oder den Betrieb der Liftanlage. Durch eine intelligente Steuerung wird sichergestellt, dass stets mindestens 40 Prozent Ladestand für spontane Fahrten verfügbar sind. Für eine bessere Planbarkeit gibt es außerdem finanzielle Anreize für frühzeitige Buchungen der Fahrzeuge: Bis sechs Stunden vor dem geplanten Fahrtantritt kostet die Nutzung nur 7,50 EUR pro Stunde (statt 9,90 EUR). Das vereinfacht das Energiemanagement der Fahrzeugbatterie und zeigt, wie durch Anreizsysteme das Nutzerverhalten positiv beeinflusst werden kann.

„Wir freuen uns sehr über diese Auszeichnung und die damit verbundene Anerkennung unserer Pionierarbeit. Insbesondere, weil wir uns auf diese Weise darin bestätigt sehen, dass das vernetzte Denken von Mobilitätdienstleistungen und Stromversorgung zukünftig von ganz zentraler Bedeutung sein wird“, sagt Matthias Zawichowski, Obmann des Mobilitätsvereins fahrvergnügen.at.

Bidirektionales Laden – so funktioniert „Car2Flex“

Das Projekt „Car2Flex“ demonstriert, wie man Elektrofahrzeuge optimal in das Energiesystem integriert, indem die Kapazitäten der Antriebsbatterien intelligent genutzt werden. Dank der innovativen Ladesäule können E-Fahrzeuge sowohl be- als auch entladen werden, um etwa als Pufferspeicher für Haushalte mit PV-Anlage zu dienen oder sogar das Stromnetz zu entlasten. So können Elektroautos tagsüber mit Überschussstrom aus Photovoltaik (PV) geladen werden und abends wieder Strom ins Netz abgeben. Der Nutzer kann dabei mit der Car2Flex-App definieren, wieweit seine Batterie als netzdienlicher Stromspeicher zur Verfügung steht. Bei Flotten und Carsharing-Fahrzeugen kann dies durch den Betreiber festgelegt werden.

Carsharing-Auto von fahrvergnügen.at an einer bidirektionalen Ladesäule des Projekts Car2Flex aus dem Green Energy Lab. © Green Energy Lab

Carsharing-Auto von fahrvergnügen.at an einer bidirektionalen Ladesäule des Projekts Car2Flex aus dem Green Energy Lab. © Green Energy Lab

E-Autos könnten bis zu 200 GWh Strom speichern

In Österreich gibt es über 5 Mio. Pkw. Wären alle mit einer Batterie von 40 kWh (Kilowattstunden) ausgestattet, dann ergäbe das eine Speicherkapazität von insgesamt 200 GWh (Gigawattstunden) – das ist mehr als der nationale Stromverbrauch eines ganzen Tages. Durch das Laden von Strom bei vorhandenen Energieüberschüssen und das Wiedereinspeisen ins Netz bei erhöhtem Strombedarf können die Fahrzeuge das System insgesamt erheblich entlasten. Damit unterstützen sie auch den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energieproduktion, wie Solar- und Windkraft, die aufgrund wechselnder Bedingungen sehr volatil sind. Diese Schwankungen in der Stromerzeugung könnten durch eine breite Anwendung des bidirektionalen Ladens und der Nutzung der Antriebsbatterien als Pufferspeicher ausgeglichen werden. Davon würden auch alle Stromkunden profitieren, weil damit die Aufwendungen für stabilisierende Netzeingriffe sinken. Allein im Jahr 2023 kosteten diese die Stromkunden 141,6 Millionen Euro.

„Manchmal haben wir über den Tag gesehen zu wenig Stromerzeugung, um momentane Verbrauchsspitzen abzudecken. Es kommt also zu kurzfristigen Engpässen auf der Verbraucherseite. In Zukunft können wir dann den Strom aus den Fahrzeugbatterien nutzen, um den fehlenden Strom im Netz auszugleichen und brauchen dazu keine großen fossilen Kraftwerke in Betrieb zu setzen“, sagt Georg Lettner, Projektleiter von Car2Flex.

Carsharing-Auto von fahrvergnügen.at an einer bidirektionalen Ladesäule des Projekts Car2Flex aus dem Green Energy Lab. © Green Energy Lab

Carsharing-Auto von fahrvergnügen.at an einer bidirektionalen Ladesäule des Projekts Car2Flex aus dem Green Energy Lab. © Green Energy Lab

Feldversuch in Niederösterreich läuft erfolgreich weiter

Die bidirektionalen Ladestationen werden exklusiv für zwei elektrische Car-Sharing-Autos an den Standorten Stockerau (Gustav Mahler-Promenade) und Absdorf (Wiesenstraße 1) betrieben. Die Wohnhausanlagen haben jeweils eine PV-Anlage auf dem Dach mit einer Leistung von maximal 8 bzw. 10 kWp. Die am Projekt beteiligten Wohnbauträger, die NÖ Bau- und Siedlungsgenossenschaft (NBG) sowie die Niederösterreichische Siedlungswerk Gemeinnützige Gesellschaft (NÖSW) wollen damit leistbare Mobilität in Verbindung mit zukunftsweisenden Technologien zur Verfügung stellen. Betrieben wird dieses Mobilitätsangebot vom Mobilitätsverein „fahrvergnügen.at“ in Kooperation mit dem technischen Büro im-plan-tat. Unterstützt wird es – neben einer Vielzahl an regionalen Partnern – auch von der Energie- und Umweltagentur des Landes Niederösterreich.

Das Projekt „Car2Flex“ wird im Rahmen der Forschungsinitiative Green Energy Lab durchgeführt und aus Mitteln des Programms „Vorzeigeregion Energie“ vom Klima- und Energiefonds gefördert. Projektpartner sind unter anderem die Technologieunternehmen Schrack und Fronius sowie die Energieversorgungsunternehmen EVN, Burgenland Energie und die Energie Steiermark.

Eröffnung der ersten bidirektionalen Ladesäule in Stockerau: (v.l.) Matthias Zawichowski, Verein fahrvergnügen.at / im-plan-tat Raumplanungs GmbH & CoKG; Matthias Komarek, Energie- und Umweltagentur des Landes Niederösterreich; Martin Schuster, NÖ Bau und Siedlungsgenossenschaft; Ludwig Fliesser, Forschungsinitiative Green Energy Lab. © Raumplanungsbüro im-plan-tat

Eröffnung der ersten bidirektionalen Ladesäule in Stockerau: (v.l.) Matthias Zawichowski, Verein fahrvergnügen.at / im-plan-tat Raumplanungs GmbH & CoKG; Matthias Komarek, Energie- und Umweltagentur des Landes Niederösterreich; Martin Schuster, NÖ Bau und Siedlungsgenossenschaft; Ludwig Fliesser, Forschungsinitiative Green Energy Lab. © Raumplanungsbüro im-plan-tat

Das Forschungsprojekt Car2Flex

Das Leitprojekt Car2Flex befasst sich im Rahmen der Forschungsinitiative Green Energy Lab mit dem bidirektionalen Laden und drei verschiedenen Anwendergruppen der Elektromobilität: Privatnutzer:innen, E-Fahrzeugflotten und E-Car-Sharing in Mehrparteienwohnhäusern. Im Mittelpunkt steht die Frage, wie – entsprechend der Mobilitätsbedürfnisse der jeweiligen Gruppen – der steigende Anteil von E-Mobilität ideal ins Energiesystem zu integrieren ist. Mit bidirektionalen Ladesäulen kann man nicht nur Strom in die Antriebsbatterien laden, sondern auch wieder daraus beziehen. Damit lässt sich das Auto beispielsweise als Zwischenspeicher für Privathaushalte mit PV-Anlagen verwenden. Werden die Kapazitäten großer E-Flotten gebündelt, könnte dies auch zur Stabilisierung des Stromnetzes dienen. Erklärt wird dies im folgenden Video:

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Mehr Informationen

Das Projekt Car2Flex wird vom Klima- und Energiefonds gefördert und im Rahmen der FTI-Initiative Vorzeigeregion Energie umgesetzt.

 

Kontakt

Ludwig Fliesser

Communications Manager

T: +43 676 47 19 347
E: ludwig.fliesser@greenenergylab.at