Innovative Lösungen: Wie man erneuerbare Energie effizient speichert

Leistungsfähige Energiespeicher sind ein zentraler Baustein bei der Energiewende. Sie sind notwendig, um erneuerbare Energien optimal nutzen zu können.

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Die Energiewende braucht effiziente Speichersysteme

Das Gelingen der Energiewende ist eine Frage des Zusammenspiels der verschiedenen Sektoren des Energiesystems. Mit der Verzahnung von Strom, Wärme und Mobilität können die erneuerbaren Energien optimal genutzt und integriert werden. Ein zentraler Baustein dabei sind effiziente Energiespeicher. Die Volatilität (also die Schwankungen) von erneuerbaren Energien bringt einen hohen Bedarf an Speichersystemen mit sich – sowohl im Bereich Wärme als auch beim Strom. Sie ermöglichen eine zeitliche Entkopplung von Angebot und Bedarf.

„Im elektrischen Energiesystem sind wir in Österreich schon jetzt zu über 70 Prozent erneuerbar. Mit Sektorenkoppelung und den richtigen Speichern schaffen wir auch noch den Rest,“ gibt sich der Projektleiter von SEKOHS Theiß Wolfgang Gawlik, TU Wien, zuversichtlich.

SEKOHS Theiß ist nur eines von mehreren zukunftsorientierten Projekten, die von Green Energy Lab koordiniert sowie begleitet werden und die geeigneten Speichermöglichkeiten von erneuerbaren Energien erforschen. Die neuen leistungsfähigen Energiespeichersysteme müssen eine Vielzahl von Aufgaben abdecken können: Die Einsatzbereiche reichen von der Glättung kurzfristiger Lastschwankungen im Sekundenbereich bis zum saisonalen Ausgleich zwischen den Jahreszeiten. Bei Speichersystemen gibt es aber nicht die eine Lösung, die für alle Anwendungen geeignet ist und alle nötigen Anforderungen zu Leistung, Kapazität, Wirkungsgrad, Verfügbarkeit oder Kosten erfüllt. Daher sind unterschiedliche Speicherkonzepte im Fokus der von Green Energy Lab unterstützten Projekte. Eine mögliche Herangehensweise ist, unterschiedliche Speichertechnologien zu einem Hybridspeichersystem zu kombinieren. Dieses Prinzip wird im Rahmen des Projektes SEKOHS Theiß in Niederösterreich realisiert. Es besteht aus einem thermischen Speicher und einem elektrischen Batteriespeichersystem; beide werden planmäßig bis Ende 2022 mit einer neuen Groß-Photovoltaik-Anlage kombiniert. Innovative Machine-Learning- und KI-Methoden werden den Betrieb des Hybridsystems optimieren.

Wasserstoff und Akkus aus E-Autos nutzen

Drei weitere Projekte unter dem Dach des Green Energy Lab zielen auf unterschiedliche Speichermedien ab. „Die Energie der Sonne in Form von Wasserstoff zu speichern ist nicht nur nachhaltig, sondern bietet langfristiges technologisches Entwicklungspotenzial“, so Mathias Schaffer von Energie Steiermark AG und Projektleiter JOHANN. JOHANN (benannt nach dem steirischen Erzherzog) ist eine dezentrale und steuerbare Energiezelle für Strom und Wärme inklusive saisonaler Energiespeicherung. Sie kann mehrere Hundert Kilowattstunden Strom etwa aus Photovoltaik-Anlagen speichern und freigeben. Dafür wird Strom in Wasserstoff umgewandelt. Dieser wird verdichtet und gespeichert. Bei Strombedarf wird der Wasserstoff durch eine Brennstoffzelle wieder in elektrische Energie umgewandelt. So soll JOHANN eine Notstromversorgung ermöglichen, aber auch für Energieautonomie in der Landwirtschaft und Tourismus sorgen.

Energiezelle Johann

Ein anderer Weg sind sogenannte thermochemische Speichersysteme, die bei drei bis vier Mal höhere Energiedichten im Vergleich zu Wasserspeichern, Wärme nahezu verlustfrei speichern können. Ziel des Projekts FlexModul ist die Entwicklung eines solchen innovativen Sorptionsspeichersystems (Langzeitspeicherung von Wärme). Es wird derzeit in zwei Anwendungsfällen erprobt: Für ein Einfamilienhaus wird überschüssige Solarthermie oder Wärme aus Photovoltaik-Strom vom Sommer bis in den Winter saisonal gespeichert. Beim zweiten Anwendungsfall ist das System als sogenannter Power-to-Heat-Speicher im Restaurant/Hotel Steirereck am Pogusch integriert, um Lastspitzen zu glätten.

Ein dritter Weg, Strom aus einer erneuerbaren Energieanlage zu speichern, ist die Nutzung von Akkus aus alten Elektroautos. Während sie nach einer gewissen Dauer für die Elektromobilität nicht mehr leistungsfähig genug sind, bekommen diese gebrauchten Akkus beim Projekt SecondLifeBatteries4Storage zusammengefasst als größerer, stationärer Energiespeicher – etwa zur Eigenstromoptimierung im industriellen Sektor – ein zweites Leben. SecondLifeBatteries hat in kurzer Zeit den Weg von der Forschung in die Umsetzung geschafft. Das Speichersystem ist das erste Hersteller-unabhängige, ausschließlich auf Gebrauchtbatterien basierende Speichersystem für industrielle Zwecke und wurde als mobiler Container konzipiert, welcher zu verschiedenen Standorten transportiert werden kann.

SecondLifeBatteries4Storage
 

Die Fernwärme aus der Tiefe

Die Hälfte des nicht erneuerbaren Energieverbrauchs wird in Österreich durch das Segment „Heizen und Kühlen“ verursacht. Eine kosteneffiziente und systembasierte Dekarbonisierung der Fernwärmenetze insbesondere im städtischen Gebieten kann unter anderem mit der Integration der saisonalen Wärmespeicher-Technologien erfolgen.

Das Projekt ATES Vienna untersucht die Nutzbarkeit von tiefliegenden, geologischen Gesteinsinformationen als solch ein Wärmespeicher. Wie lässt sich Wärme aus beispielsweise Abwärme oder Überschussenergie in Thermalwasservorkommen in Tiefen zwischen 300 und 3.000 Meter, die für die Trinkwassergewinnung ungeeignet sind, effizient speichern? Gerade in Stadtgebieten, wo wenig freie Fläche zur Verfügung steht, wäre diese Speicherlösung bestens geeignet. ATES Vienna hat zum Ziel, die erste technische Pilotanlage dieser Art in Österreich zu konzipieren.