Bestmöglich verbrennen

In der Müllverbrennungsanlage Spittelau soll eine moderne Wärmepumpe nach skandinavischem Vorbild die Wärme des Rauchgases nutzen.

In der Müllverbrennungsanlage Spittelau soll eine moderne Wärmepumpe nach skandinavischem Vorbild die Wärme des Rauchgases nutzen. Das spart Wasser, C02 und versorgt 10.000 Haushalte mit Wärme.

Fast jeder, der auf dem Land aufwuchs, hatte ihn: den einen unverbesserlichen Nachbarn, der seinen Müll lieber anzündete, als ihn in die Recyclinganlage zu bringen – und der die komplette Luft für einen Nachmittag lang verpestete. Nun ist das mittlerweile verboten (und verpönt), den Abfall im Garten oder Hof abzufackeln. Müllverbrennung geschieht heute in Österreich umweltfreundlich und unter strengsten Auflagen, mit größtmöglicher Nutzung der freigesetzten Energie.

Energietechniker Stefan Huemer erkannte im Rahmen seines Masterarbeitprojekts an der FH Burgenland bei seinem damaligen Arbeitgeber, der Wien Energie, weiteres Optimierungspotenzial – etwa bei der vom Künstler Friedensreich Hundertwasser gestalteten Müllverbrennungsanlage in Spittelau. Sie versorgt bereits rund 50.000 Haushalte mit Strom und 60.000 Haushalte mit umweltfreundlicher Wärme. Die bei der Verbrennung entstehende Wärme könne aber dank einer Wärmepumpenanlage noch effizienter genutzt werden- etwa wenn man das Rauchgas abkühlt und kondensieren lässt.

Der kondensierte Dampf ist nicht nur eine ausgezeichnete Energiequelle für eine Wärmepumpe, die 10.000 Haushalte zusätzlich mit Wärme versorgt, das entstehende Wasser kann zudem nach entsprechender Aufbereitung in der Anlage wiederverwendet werden. „Insgesamt kann so der energetische Wirkungsgrad der Anlage um über zehn Prozent gesteigert werden“, so Huemer.

Ein Vier-Personen-Haushalt in Österreich benötigt etwa 200 Kubikmeter Trinkwasser pro Jahr. Laut Huemers Berechnungen, für die Millionen von Messdaten herangezogen wurden, liege die jährliche Wassereinsparung der Anlage dann bei rund 117.000 m3 pro Jahr – dem sechshundertfachen. Huemer sieht für sogenannte Rauchgaskondensationsanlagen mit Großwärmepumpen in Österreich großes Potenzial. Bisher finden sich kaum welche. In der Größenordnung wie sie in der Spittelau zum Einsatz käme – mit rund 16 Megawatt nutzbarer Wärmeleistung, betrete man Neuland, so der 28-Jährige.

Vorbild Skandinavien

Abgeschaut hat man sich die energieeffiziente Lösung im hohen Norden. In Skandinavien kommt diese Technologiekombination in Biomasse- und Müllverbrennungsanlagen regelmäßig zum Einsatz, auch wenn Umsetzbarkeit und Rentabilität jedes Mal betrachtet werden müssen.

Das Spittelauer Projekt ist noch in der Planungsphase, 2022 soll mit dem Bau begonnen und dieser bis spätestens Anfang 2023 abgeschlossen werden, heißt es bei der Wien Energie- einem der drei Projektpartner, gemeinsam mit dem Green Energy Lab und dem Institut für Nachhaltige Technologien der AEE. Kostenpunkt: ein zweistelliger Millionenbetrag.

Huemer ist davon überzeugt, dass er mit seinem Forschungsprojekt zu einem energieeffizienteren Umgang mit Müll beitragen kann und dass es sich dabei um eine kluge Investition in die Zukunft handelt. Das sieht man auch bei der Wien Energie so: Die Wärmewende ist ein ganz essenzieller Schlüssel, um den Klimaschutz in der Stadt voranzutreiben“, sagt Michael Strebl, Wien-Energie-Geschäftsführer. Dafür setze man auf innovative, vernetzte Gesamtlösungen“. Die Großwärmepumpe Spittelau sei diesbezüglich ein Paradebeispiel, wie uns solche Kooperationen weiterbringen“.

Fabian Sommavilla | Der Standard

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