Mehr Zirkularität für das Energiesystem

Wie ist Kreislaufwirtschaft heute schon im Energiesystem integriert und welche Wissenslücken gilt es durch Forschung und Innovation zu schließen?

Das Potenzial von Kreislaufwirtschaft ist unumstritten und gerät auf europäischer wie nationaler Ebene immer mehr in den Fokus. Unsere Wirtschaft konsumiert jährlich 100 Milliarden Tonnen an Rohstoffen, wovon über 90% als Abfall oder verbaute Masse wieder ausscheiden. Die globale Zirkularität beträgt derzeit also weniger als 10%. Die richtigen Ansätze müssen entwickelt werden, um dieses Verhältnis umzukehren.

Das Green Energy Lab hat in einem breit angelegten Stakeholderprozess das Thema „Kreislaufwirtschaft“ als eines von vier thematischen Spotlights identifiziert und wir möchten folgende Fragen beantworten: Wo lauern Potenziale für die Erhöhung der Zirkularität im Energiesystem? Welche Best-Case-Beispiele gibt es hier schon? Welche sind die Forschungs- und Innovationsfelder, die in Projekten vornehmlich bearbeitet werden sollten? Wir fassen hier die Erkenntnisse aus unserem umfassenden Expertendialog zusammen, der mit dem Insight-Talk „Zirkuläre Lösungen für die Energiewende“ abgeschlossen wurde.

Kreislaufwirtschaft als wichtiger Hebel der Energiewende

Die Integration der Kreislaufwirtschaft durch Forschung und Innovation wird von der europäischen Kommission1 entlang von vier Schwerpunkten definiert:

  • Zirkuläres Design für eine optimale, langlebige Nutzung
  • Zweite Nutzung von Produkten der Energiewirtschaft oder deren Teilkomponenten
  • Optimale, sektorübergreifende Verwertung von Reststoffen
  • Zirkuläre Prozesse und Instrumente zur Unterstützung der oben genannten Schwerpunkte

Hier identifiziert Werner Kössler – der Experte für Nachhaltigkeit arbeitet schon seit Jahren mit Unternehmen an der Umsetzung von Zirkularität – ein besonders relevanter Hebel:

„Die größte Herausforderung ist es, neue Geschäftsmodelle zu definieren. Damit beschäftigen sich ja auch die globalen Unternehmensberatungen intensiv. Ich sehe das als große Chance für ein nachhaltiges Energiesystem“

Die größten globalen Consulting-Unternehmen haben das Potenzial schon erkannt. Herr Kössler unterstreicht, dass die Zusammenarbeit in „lokalen Ökosystemen“ bei der sektorübergreifenden Rückführung von Reststoffen ein besonderes Potenzial aufweist. Dies geht aus verschiedenen Studien eindeutig hervor.

Hierzu illustriert Werner Kössler das Beispiel Clim@Add, wo Pflanzenkohle (Biokohle) aus Alt- und Restholz durch ein Pyrolyseverfahren gewonnen wird. Im Vordergrund steht natürlich die Erzeugung von Strom, Wärme und Gas die lokal verwertet werden können.
Die Biokohle, wovon ein Kilo bis zu 3 Kilogramm CO2 binden kann, wird in der Produktion von Beton mit besonderen Qualitätseigenschaften und als dauerhafte „Carbon Sink“ verwendet. So ein Ökosystem dient der Demonstration des Ansatzes und eignet sich ideal für eine Skalierung auf andere Teilsysteme des Energiesystems. Mehr dazu in der Präsentation von Werner Kössler hier.

Inspiration aus dem Innovator Circle: So geht Zirkularität in Produkten und Prozessen

„Denken in Lebenszyklen soll zur Norm werden“

Mit diesen Worten eröffnete Magdalena Neidhart, Nachhaltigkeitsmanagerin beim Unternehmen Enerox GmbH, und gab uns einen Einblick in die Entwicklung ihrer höchst innovativen Speicherlösung CellCube.

Da mehr als 80% der Umweltauswirkungen eines Produkts bereits beim Design bestimmt wird, hat das innovative Unternehmen besonders hier angesetzt, und zwar entlang von folgenden Linien:

  • Einbezug der Designtechnik Lebenszyklusanalyse, um Auswirkungen sichtbar zu machen;
  • Verlängerung der Haltbarkeit des Produkts durch den Einsatz von qualitativ hochwertigen Materialien sowie die Möglichkeit der Reparatur, ohne das Erfordernis von hoch spezialisiertem Werkzeug;
  • Durch Dematerialisierung wird kontinuierlich der Materialeinsatz verringert als auch das Gewicht reduziert, mit dem Nebeneffekt der Kostenreduktion;
  • Resiliente und transparente Lieferketten, wo Nebenerzeugnisse der Industrie sowie Sekundärrohstoffe verwendet werden;
  • Mit dem Batteriesystem einhergehende Dienstleistungen (z.B. Wartungen) entlang der ganzen Produktlaufzeit bis hin zur Rückführung (z.B. Wiederverwendung der Hauptkomponente Elektrolyt).

Das durchdachte und konkurrenzfähige Produkt, dass sich am globalen Markt behaupten kann, ist das Resultat langjähriger intensiver Forschung und Entwicklung und zeigt vor, wie zirkuläre Produkte von morgen für die Energiewende aussehen können. Mehr dazu in der Präsentation.

Was passiert mit den Produkten, die nicht zirkulär gedacht und entwickelt wurden?

Eine Antwort darauf liefert Monika Schmied von der AfB, einem gemeinnützigen Unternehmen, das sich der Zirkularität im IT-Bereich verschrieben hat. Die 1,9 Tonnen Rohstoffe, die für die Erstellung eines PCs notwendig sind, sowie die weltweit jährlich entstehenden 53,6 Mio. Tonnen Elektroschrott waren der Ansporn, um Refurbishment – die Überholung und Instandsetzung von Produkten zum Zweck der Wiederverwendung – und Recycling anzubieten.

Dabei unterstützt die AfB anderen Unternehmen verschiedener Sektoren bei der Integration von Zirkularität in ihren Teilprozessen. Eine grundlegende Problematik ist vor allem der Datenschutz der verwendeten ausrangierten IT-Geräte, sowie die Transparenz der Lieferketten. Als wertvolles Take Away demonstriert das Unternehmen dabei, wie wichtig Transparenz ist: Woher kommen Rohstoffe und wie werden sie weiterverwendet? Nur so können Unternehmen Zirkularität umsetzen und auch sichtbar machen, wie Frau Schmied auch mit genauen Zahlen belegen kann. Mehr dazu in der Präsentation.

Die Rolle der Kreislaufwirtschaft für die Energiewende: Welche Innovationsfelder eröffnen sich?

Die oben genannten Beispiele zeigen klar, dass Kreislaufwirtschaft heute schon umgesetzt wird. Wo sollte jedoch Forschung und Innovation ansetzen, um diese Umsetzung zu beschleunigen bzw. neue Anwendungen zu entwickeln?

Damit beschäftigt sich Christian Kurz, R&D Manager und Leiter der Trendforschung im Green Energy Lab:

„Mit fundierter und breiter Expertise die relevanten Trends von morgen und übermorgen frühzeitig erkennen und nutzen – das ist unser Ansatz beim Green Energy Foresight.“

Durch die Analyse von tausenden von Signalen – das sind u.a. Patente, Forschungsprojekte, Publikationen, Förderungen für Start Ups und Artikel – und angereichert durch das Wissen unseres Expertenpools konnten Innovations- und Handlungsfelder identifiziert werden, die als Kompass für die Umsetzung von Forschungs- und Innovationsprojekte dienen. Mehr dazu in der Präsentation.

Unsere Innovationsfelder als Beitrag der Kreislaufwirtschaft zur Energiewende

Besonderes Gewicht hat hier einerseits die Bindung und Nutzung von CO2. In diesem breiten Feld ist vor allem die Energie aus Biomasse in Kombination mit Carbon Capture and Storage ein vielversprechender Ansatz – gerade auch für den österreichischen Standort. Dadurch erschließt sich auch eine Quelle an Kohlenstoff, welche fossilen Kohlenstoff ersetzen kann. Die Anwendungsmöglichkeiten von „Carbon to Product“ wurde als Handlungsfeld identifiziert, das es zu demonstrieren gilt.

Es wurden auch „Waste to Energy“-Ansätze als wichtiges Handlungsfeld erkannt, wo die Nutzung von Reststoffen aus der Energiebranche (z.B. biogene Reststoffe) und aus anderen Sektoren (z.B. die Nutzung von Deponiegas Abwasser oder Lignin aus der Papierindustrie durch mikrobiologische Brennstoffzellen) vorangetrieben werden sollen.

Bei diesen Feldern braucht es Forschungs- und Innovationsprojekte, die die Vorteile von Kreislaufwirtschaft konkret demonstrieren. Hier werden auch digitale Schnittstellen eine wesentliche Rolle spielen, um die notwendige Transparenz der Liefer- und Produktionsketten zu schaffen. Nur so können innovative Lösungen nach ihrem sozio-ökonomischen wie ökologischen Impact miteinander verglichen werden und die besten Lösungen skaliert werden. Handlungsempfehlungen für Regulatoren sollen so auch abgeleitet werden, um den gesetzlichen Rahmen für sinnvolle zirkuläre Lösungen anzupassen.

Mit dem Green Energy Lab Ihre Projektidee entwickeln

Durch unsere Foresight-Aktivitäten und die breite Expertise unseres Netzwerks konnten wir im Green Energy Lab vielversprechende Technologien und Use Cases im Bereich Kreislaufwirtschaft identifizieren. Diese gilt es nun in Forschung- und Innovationsprojekten zu demonstrieren. Dafür suchen wir nach Ihren Projektideen. Lassen Sie sich vom Beitrag inspirieren und treten Sie mit uns in Kontakt. Insbesondere wollen wir Forschungsprojekte der Förderschiene FTI-Initiative Kreislaufwirtschaft (FFG)  aber auch marktnahe Innovationsprojekte sowie Projekte auf EU-Ebene anstoßen und begleiten.

Je nach Reife der Idee unterstützen wir bei der Entwicklung der Idee zu einem Projektantrag mit hoher Förderwahrscheinlichkeit. Spezielles Augenmerk liegt auf der Unterstützung bei der Bildung eines schlagkräftigen Konsortiums, der Darstellung des Beitrags zu den wichtigsten Zielsetzungen auf nationaler und europäischer Ebene sowie der relevantesten kundenzentrierten Fragestellungen. Ihr Projekt wird als Teil unseres kohärenten, hoch-vernetzen Portfolios eingereicht und profitiert vom regen Wissensaustausch und Synergien mit unseren mehr als 40 Projekten.

Jetzt Ihre Idee mit uns teilen über unsere Projektidee-Beschreibung

→ Melden Sie sich bei Interesse unter: francois.laurent@greenenergylab.at

Wir freuen uns mit Ihnen für mehr innovative Zirkularität im Energiesystem zu sorgen!

*1https://circulareconomy.europa.eu/platform/sites/default/files/categorisation_system_for_the_ce.pdf

 

 

Kontakt

François Laurent

Project Manager

T: +43 676 471 69 73
E: francois.laurent@greenenergylab.at