BM Retrofit

Modernisierungskonzepte für biomassebasierte Fernwärmenetze

© Salzburg AG

Biomassebasierte Fernwärmenetze und -systeme spielen eine zentrale Rolle in der nachhaltigen Wärmeversorgung und umfassen rund 2.400 in Betrieb befindliche Systeme in Österreich. Aktuell besteht bei vielen in Betrieb befindlichen Wärmenetzen ein erhöhter Nachrüstungs- und Modernisierungsbedarf, um den zukünftigen technischen, wirtschaftlichen und regulatorischen Herausforderungen sowie einem nachhaltigen und zielgerichteten Ausbau gerecht zu werden.

In BM Retrofit werden innovative technische Konzepte (z. B. Rauchgaskondensation, Wärmepumpen, Speichertechnologien) entsprechend entwickelt und für eine effiziente Systemintegration optimiert. Dadurch wird sichergestellt, dass innovative Maßnahmen weiter verbessert und integriert werden, was zu einem nachhaltigeren und wirtschaftlicheren Betrieb in Verbindung mit reduziertem Ressourcenverbrauch und Emissions-Einsparungen führt.

Zielsetzung

Ziel des Projekts ist es, a) bestehende Wärmenetze an zukünftige Anforderungen anzupassen und weiterzuentwickeln, b) einen wesentlichen Beitrag zur Erreichung der gesteckten Klimaziele zu leisten und c) den wirtschaftlichen Nutzen einschließlich der lokalen Wertschöpfung zu stärken.

Die Systemintegration in Verbindung mit umfassender Einbindung relevanter Akteure gekoppelt mit dem Ausbau von Dienstleistungen und Geschäftsmodellen wird derzeit in der Praxis bei der Entwicklung von Modernisierungskonzepten nicht angewandt. Die vorhandenen Potenziale werden daher nicht voll ausgeschöpft.

Vorgehensweise und Methodik

Um die gesteckten Ziele zu erreichen, wird ein ganzheitlicher methodischer Ansatz angestrebt und Maßnahmen auf verschiedenen Ebenen umgesetzt. Dazu zählen technische Maßnahmen (z.B. Optimierung von Biomassekesseln sowie dem Wärmenetz, Einsatz von Sekundär- und Effizienzsteigerungstechnologien, Integration erneuerbarer Energieträger und Abwärme, etc.), systemische Elemente wie die fortschreitende Digitalisierung (z.B. intelligente Sensorik, neue Regelungskonzepte und Einsatzreihenfolgeplanung) oder die strategische Planung der Netzerweiterung und -verdichtung mit Hilfe der Energieraumplanung als auch nicht-technische/organisatorische Maßnahmen (z.B. Akteurseinbindung und Stakeholdermanagement, umfassende innovative Systembewertungen sowie Lebenszyklus- und Wertschöpfungsanalysen) und in weiterer Folge ökonomische Aspekte (z.B. Geschäfts- und Abrechnungsmodelle).

Der BM-Retrofit-Ansatz ermöglicht somit die Realisierung eines nachhaltigen Gesamtenergiesystems a) mit erhöhter Gesamteffizienz und Flexibilität, b) mit bestmöglicher Nutzung erneuerbarer und lokaler Energieträger, c) mit voller Ausschöpfung von Synergien bestehender Infrastrukturen und d) mit der Schaffung eines zukunftssicheren und resilienten Systems. Dadurch kommt es zu einer deutlichen Reduktion der Treibhausgasemissionen und des Ressourcenverbrauchs sowie einer Erhöhung der Versorgungssicherheit und der Wirtschaftlichkeit.

Erprobung der Elemente und Lösungen in realer Umgebung

Die entwickelten Elemente und Lösungen werden in unterschiedlichen biomassebasierten Fernwärmenetzen implementiert und mit begleitender Datenauswertung sowie ganzheitlichen Systemvalidierungen inklusive Lebenszyklus- und Wertschöpfungskettenanalyse analysiert. Die identifizierten Optimierungspotenziale und Erfahrungen aus dem gesamten Innovationsprozess werden als Best Practices in einem Leitfaden zusammengefasst. Die technischen, ökonomischen und ökologischen Vorteile werden quantitativ aufgezeigt. Weiters werden Skalierungsszenarien zur Generierung und Bewertung des Marktpotenzials und zu Auswirkungen und Nutzen (Impacts) für das Energiesystem entwickelt.

In der ersten Projektphase wurde das Wärmenetz Wald im Pinzgau als geeigneter Demonstrator identifiziert. Die Modernisierung erfolgt in einem zweistufigen Prozess. Die erste Phase, welche im Herbst 2023 startete, beinhaltet Maßnahmen zur Optimierung des Sommerbetriebes unter Einbindung lokaler Abwärme sowie zur Erhöhung der Flexibilitäten. Vorgesehen ist dafür eine Kombination von Technologien sowie Sektorenkopplung zur Abwärmenutzung. Dabei wird die Abwärme aus dem Kühlkreislauf des nahegelegenen Wasserkraftwerks durch ein innovatives Wärmepumpenkonzept mit rund 250 kW thermischer Leistung für das Wärmenetz erschlossen. Ein thermischer Speicher mit rund 30m³ inkl. entsprechendem Speichermanagement trägt zur Erhöhung der Flexibilität bei. Erneuerbarer Strom, der direkt vor Ort aus dem Wasserkraftwerk erzeugt wird, wird für den Betrieb der Wärmepumpe genutzt.

In der zweiten Projektphase kommt es dann zur Implementation und Demonstration eines Maßnahmenbündels zur Modernisierung und Optimierung des Biomassekesselbetriebes (Nachrüstung Rauchgasrezirkulation, Verbrennungsluftregelung, etc.) sowie einer übergeordneten Regelungsstrategie mit einem intelligenten Energiemanagementsystem (modellprädiktive Regelung unter Verwendung von Ertrags- und Lastprognosen) für den optimierten Betrieb des Wärmenetzes bzw. zur Netzregelung. Damit soll die zukünftige Wärmeversorgung mit 100 Prozent erneuerbaren und lokalen Wärmequellen (Biomasse und Abwärme) erfolgen und der fossile Ölkessel nur noch als Reserve und für Notfälle eingesetzt werden. Durch diese direkte Substitution kann jährlich eine Einsparung von rund 100.000 kWh Öl/a sowie eine CO2-Reduktion von etwa 30 Tonnen erreicht werden. Zusätzlich kann der Gesamtverbrauch an Biomasse durch den optimierten Betrieb des Biomassekessels in Kombination mit der Abwärmenutzung enorm gesenkt werden.

Kontakt

Joachim Kelz
T: +43 (0)3112 5886-236
E: j.kelz@aee.at

Projekteckdaten

Laufzeit
01.02.2023 - 31.01.2026

Förderprogramm
Vorzeigeregion Energie

Projektart
Kooperationsprojekt experimentelle Entwicklung

Projektbudget
2.011.803 €

Projektleitung

AEE - Institut für Nachhaltige Technologien

Im Projekt BM Retrofit werden folgende Musterlösungen entwickelt:

Musterlösung/en in Entwicklung

Medienberichte zum Projekt

Effi zienzsteigerung und Dekarbonisierung von Wärmenetzen

Rund 50 Prozent des österreichischen Energiebedarfs wird im Wärmesektor benötigt, wobei der aktuelle Versorgungsgrad mit fossilen Energieträgern hier bei etwa 60 Prozent liegt. Allein die österreichische Fernwärmeversorgung basiert aktuell noch zur Hälfte auf fossilen Energieträgern. Das Projekt BM Retrofit befasst sich mit der Entwicklung hocheffizienter, biomassebasierter Fernwärmesysteme als Basis einer klimafreundlichen Wärmeversorgung.

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