Nah- und Fernwärmelösungen in der regionalen Wärmeraumplanung

Im Insight Talk von Green Energy Lab gemeinsam mit AEE INTEC am 25. Februar 2025 präsentierten Expert:innen Lösungen zur nachhaltigen Wärmeraumplanung sowie Nah- und Fernwärme.

Titelfolie Insight Talk 25.02.2025

 

Die Transformation des Wärmesektors in Richtung nachhaltige Energieträger erfordert die Berücksichtigung von Nah- und Fernwärmelösungen in der Wärmeraumplanung. Mit diesem Thema befassten sich Green Energy Lab und AEE INTEC im Insight Talk am 25. Februar 2025. Nach der Betrachtung der strategischen Fernwärmeplanung in Kapfenberg wurde auf das Projekt BM Retrofit eingegangen. Dabei steht die Modernisierung von biomassebasierten Wärmenetzen im Mittelpunkt. Veranschaulicht wurde dies anschließend anhand des Best-Practice Beispiels Nahwärme Kreuzstetten. 

 

Strategische Fernwärmeplanung: Stadtgemeinde Kapfenberg 

Franz Mauthner von der AEE INTEC thematisierte die Energie- und Wärmeraumplanung. In diesem Zusammenhang erwähnte er das Projekt “Green Energy Lab – Spatial Energy Planning” (GEL SEP). Ziel dieses Projektes war die Schaffung der notwendigen Datengrundlagen, um räumliche Energieplanung zu ermöglichen. Dadurch können die räumlichen Strukturen in weiterer Folge nachhaltiger gestaltet werden, um den Energieverbrauch und die CO2-Emissionen zu minimieren. 

One Pager des Projektes Spatial Energy Planning II

 

Im Ergebnis wurde ein Energieatlas für die räumliche Energieplanung entwickelt, welcher den drei teilnehmenden Bundesländern Steiermark, Wien und Salzburg zur Verfügung steht. Der Energieatlas ist als Bottom-up-Modell konzipiert und führt unterschiedliche Informationen zusammen. Die Datengrundlagen können vielseitig eingesetzt werden, von der strategischen Planung bis zur Umsetzungsplanung. AEE INTEC hat ein WebGIS-Tool entwickelt, welches einen flexiblen Umgang mit den räumlichen Datengrundlagen ermöglicht. Dieses Tool wird in verschiedenen Planungsfällen angewendet. 

Als Praxisbeispiel wurde die strategische Fernwärmeplanung von Kapfenberg erwähnt, bei welcher die Stadtgemeinde Kapfenberg mit den Stadtwerken zusammenarbeitete. Unterstützung erhielten sie durch die AEE INTEC und die Pink GmbH. Nach einer Statusanalyse wurde ein Stufenplan für den Ausbau und die Defossilisierung der Fernwärme bis 2030 entwickelt. Anschließend wurde eine Abwärmepotenzialerhebung und -analyse durchgeführt, worauf eine thermo-hydraulische Netzsimulation folgte. Die Ergebnisse wurden schließlich in Kartendarstellungen aufgearbeitet. Diese umfassen einen Fernwärmeplan, eine Wärmedichtekarte und eine Wärmenetz-Zonierung. Laut Plan soll die Fernwärme-Trasse um 200 Prozent ausgebaut und die Anschlussleistung um 150 Prozent erhöht werden. Zugleich sollen die Treibhausgas-Emissionen je Kilowattstunde um 83 Prozent reduziert und die Nutzung von erneuerbaren Energiequellen erweitert werden. 

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Modernisierung biomassebasierter Wärmenetze 

In Österreich ist die Wärmeproduktion für ungefähr 50 Prozent des Energiebedarfs verantwortlich. Im Projekt BM Retrofit werden Effizienzsteigerungs- und Modernisierungskonzepte für biomassebasierte Wärmesysteme entwickelt, von welchen ca. 2.500 Fernwärmesysteme in Österreich profitieren könnten. Joachim Kelz von der AEE INTEC widmete sich diesem Thema im Insight Talk und ging zu Beginn auf Herausforderungen und Zielsetzungen im Wärmesektor ein. Herausforderungen ergeben sich beispielsweise in Zusammenhang mit den Systemtemperaturen oder dem Sommerbetrieb. Bedeutende Ziele sind die Minimierung des Anteils an Fossilenergie und die Nutzung von verfügbaren regionalen Ressourcen. Außerdem sollten die Flexibilität sowie die Systemeffizienz erhöht und die Versorgungskapazität ausgebaut werden. Eine nachhaltige und effiziente Deckung des zukünftigen Wärmebedarfs sollte angestrebt werden. 

Grafik der BM Retrofit Methodik

Um die bestehenden Wärmenetze weiterzuentwickeln, werden neben technischen Maßnahmen auch systemische und organisatorische Maßnahmen benötigt. Diesbezüglich wurden unter anderem die Integration von Akteur:innen, Stakeholdermanagement und Innovationsprozesse hervorgehoben. Eine ganzheitliche Systembewertung wird in Zukunft außerdem an Bedeutung gewinnen. Die entwickelten Lösungen wurden folglich in realen biomassebasierten Fernwärmenetzen, welche als Demonstratoren bezeichnet werden, implementiert. 

 

Demonstratoren: 

  • Wald im Pinzgau: Bei dieser Anlage besteht die Besonderheit, dass sich das Heizhaus in unmittelbarer Nähe zu einem Wasserkraftwerk befindet. Die Abwärme, die bei der Kühlung des Wasserkraftwerks entsteht, wird mittels eines Wärmepumpensystems genutzt, um Haushalte mit Wärme zu versorgen. In den Sommermonaten muss der Heizkessel des Biomasseheizwerkes dadurch nicht mehr betrieben werden, wodurch Biomasse und CO₂-Emissionen eingespart werden können. –> Nähere Infos zum Demo-Projekt Wald im Pinzgau 
  • Kreuzstetten: Die Optimierung der Netztechnik, des Puffermanagements und des Biomassekesselbetriebes ermöglicht eine Senkung von CO₂-Emissionen und Netzverlusten. –> Nähere Infos zum Demo-Projekt Kreuzstetten 
  • Saalfelden: In einer ersten Phase erfolgte eine technische Modernisierung des Biomassekesselsystems, die Integration eines Pufferspeichers mit 150 m3 Volumen und die Installation einer Rauchgaskondensationsanlage zur Wärmerückgewinnung. Ein kaskadisches Wärmepumpenkonzept, bestehend aus drei Wärmepumpen mit jeweils 250 Kilowatt Leistung, dient zur Effizienzsteigerung der Wärmerückgewinnung aus dem Rauchgas. Durch Verstärkung der Hauptleitung des Wärmenetzes und Integration einer innovativen Regelstrategie mittels CO-Lambda-Sensorik konnte der Betrieb des Biomassekessels schließlich weiter optimiert und der Einsatz von Biomasse und fossilen Energieträgern signifikant verringert werden. –> Nähere Infos zum Demo-Projekt Saalfelden 

 

Die Ergebnisse des Projektes BM Retrofit zeigen das Potenzial zur Reduktion fossiler Energieträger und zur Verbesserung nachhaltiger Wärmeversorgung auf. Durch die Optimierung wird die Biomasse als wertvolle Ressource geschont. Die Effizienzsteigerungen wirken sich zudem positiv auf wirtschaftliche Aspekte aus. Zusätzlich können Abwärmepotenziale synergetisch genutzt und lokale Emissionen reduziert werden. Die drei genannten Demonstratoren sollen als Blaupause für ähnliche Anlagen dienen. Schließlich wurde betont, dass die Senkung der Systemtemperaturen eine wichtige Maßnahme darstellt und dass die Modernisierung von Wärmenetzen ein langfristiger Prozess ist. 

 

BM Retrofit – Best-Practice-Beispiel Kreuzstetten 

Christoph Walla von der EQUANS Energie GmbH erläuterte anschließend das Best-Practice-Beispiel Kreuzstetten genauer. Im Jahr 2011 wurde dort ein Biomasseheizwerk errichtet, welches der Versorgung mit Nahwärme dient. Das Nahwärmenetz ist 8,7 Kilometer lang und versorgt ungefähr 140 Verbraucher:innen. Im Laufe des Projektes BM Retrofit wurden Herausforderungen sowie Verbesserungspotenziale aufgedeckt und nachhaltige Modernisierungskonzepte entwickelt. Dabei sollen Steuerung und Betrieb des Gesamtwärmenetzes sowie eines Großverbrauchers (Trocknungsanlage landwirtschaftlicher Produkte) optimiert werden. Im Zuge der Verbesserung des Nahwärmenetzes soll zudem eine Netzausbau und -verdichtung umgesetzt werden. Die Analyse des Feuerungsbetriebes des Biomasseheizwerks zeigte, dass eine Anpassung des Leistungs- und Puffermanagements notwendig ist, um die Verbrennungsqualität zu erhöhen. 

Im Ergebnis konnten 25 Tonnen an CO2-Emissionen pro Jahr eingespart werden. Durch das Absenken der Rücklauftemperatur um 20 Grad konnte eine Reduktion der Netzverluste um 15 Prozent erreicht werden. Zusätzlich wurde der Pumpstrom reduziert und der Pufferspeicher optimiert. Die Kesselstarts konnten um zwei Drittel reduziert werden, wodurch eine Verlängerung der Lebensdauer des Kessels erzielt wurde. Neben technischen Maßnahmen wurden bei dem Projekt auch wirtschaftliche Maßnahmen wie eine Reduktion interner Verwaltungskosten realisiert. 

 

Hier finden Sie weitere Informationen zum Projekt BM Retrofit.

 

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